>>> Zur eigenen Arbeit > Uschi Koch - 2014
Erst das Studium der geliebten Bildhauerei.
Doch zur Zwischenprüfung öffnet die Fotografie die kreativen Schleusen für Ideen, Inhalt und Form. Plötzlich arbeitet es sich so leicht.Kein Jahrhunderte alter Kanon, der mich einzuschüchtern scheint. Ich kann frei drauflos arbeiten an meinem Thema: Der Mensch und sein Körper!
Zehn Jahre Fotografie am menschlichen Körper, Porträt- und Aktaufnahmen, mit dem bildhauerischen Blick für plastische Formen, daher meist auch Schwarz-Weiss. Nie ein Bild, eine Ansicht alleine, sondern es treten immer mehrere Perspektiven auf. Die Arbeiten sind dreidimensional, da der Raum bzw. Abstand der Bilder zueinander eine große Rolle spielt.
Nach zehn Jahren Fotografie, die Sehnsucht, endlich wieder selbst die Form bestimmen zu können. Fast heimlich wieder den Ton in die Hand nehmen. Die Hände, die fast von selbst die neuen Formen bilden. Der Spaß und die Spannung beim Erfinden, Finden und Abbilden.
Die Freude an der Hand-Arbeit, an dem Aufspannen von Fläche und Form, an der Physiognomie der Menschen und des selbst Erschaffen von Ausdruck.
Warum Beton? – ein wunderbares Material, kunsthistorisch gesehen verhältnismäßig jung und eher unbelastet, günstig, facettenreich und glücklicherweise kaum hundertprozentig berechenbar! Es gibt beim Verfahren
des Laminierens, sowie beim Betonguss, den Moment, in dem alles möglich ist und auch alles schiefgehen kann, ähnlich wie in der Dunkelkammer bei der analogen Fotografie. Der Guss bringt eine eigene Struktur mit, mit Luftblasen, Nähten und anderen ‚Makeln‘. Für mich ist dies befreiend, da das modellierte Tonmodell, in seinem letzten Zustand vor dem Abguss oft etwas zu Perfektes bekommt. Durch die homogene Färbung des Tones und meine Art des Modellierens, wirken die Arbeiten manches Mal auf mich zu clean oder zu abgeschlossen.
Der Mensch ist nicht aus einem einzigen Material. Haut und Gewebe sind durchlässig, durchscheinend und verletzlich. Die Beschaffenheit und Färbung spricht zu uns und verändert sich ständig. Sie erzählt uns viel über den jeweiligen Menschen uns gegenüber, und seinen Zustand.
Daher bearbeite ich gerne am Ende den Betonguss lasierend mit Pigmenten und Wachs. So nähert sich die Figur verhalten dem Betrachter. Sie öffnet sich ihm.
Der Kopf als Fragment an der Wand – so ist es keine abgeschlossene Geschichte wie dagegen bei einer klassischen Büste mit Bordüre und Sockel. Die Gestalt kommt mit zum Tragen, obwohl sie nicht vorhanden ist. Die kleinen gestischen Ansätze, eine Drehung oder Neigung des Kopfes oder des Schultergürtels verstärken die figürliche Präsenz. Der Körper fehlt nicht wirklich für die Intensität des Körperausdrucks. Der Blick nimmt Kontakt auf, gibt Richtung an und durchteilt den Raum. Blickachsen entstehen, Blickkontakte.
Der Kopf als Fragment, auch als Entschleunigung. Eine Konzentration auf wesentliches!
Wer diese Menschen sind – die meisten entstammen der Phantasie. Einige sind Nachbilder erlebter Situationen. Für andere gibt es lebende Vorbilder, sowie auch die Freaks angeregt wurden durch den 1932 von Tod Browning gedrehten Film: ‚Freaks‘. Wen die Plastiken darstellen, wer die Figuren sind, ist nicht so wichtig. Mir geht es um das, was sie sind und wie sie es sind.
Uschi Koch